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Das Unsichtbare sichtbar machen
Man kann aktuell einen richtigen Run auf das Thema „Technologien im Sport“ beobachten, z.B. hier (Dank für den Tipp an Alex). Zentral ist dabei die Auffassung, dass Technologien vor allem TrainerInnen dabei unterstützen, den Prozess der Trainingsssteuerung durch Nutzung von Internet und Datenvisualisierung zu optimieren. Derzeit läuft u.a. auch an der Universität Augsburg, Institut für Sportwissenschaft, so ein Vorhaben: „Das DFG-geförderte Projekt ASpoGAMo läuft über 2 Jahre und beschäftigt sich mit der Entwicklung einer neuen Klasse von Sportspielmodellen. Hierbei liegt der Schwerpunkt im Fußball. Mit Hilfe von den Positionsdaten eines jeden Spielers, die aus den Bilddaten eines Spiels gewonnen werden können, werden individuelle Bewegungs- und Aktionsprofile sowie Beanspruchungsuntersuchungen durchgeführt. Auf der mannschaftstaktischen Ebene gehen die Auswertungen in den Bereich der Taktik. Hier werden die Aufstellung und das Verhalten in bestimmten Situationen automatisch analysiert.“
Ich bin einerseits fasziniert von diesen neuen Möglichkeiten der Datenvisualisierung im Sport, werden hier doch Informationen sichtbar gemacht, die sonst implizit im Spiel, hier dem Fußballspiel, eingebettet sind (sowas könnte man sich ja auch im Klassenraum der Schule oder Hochschule vorstellen – pädagogische Pattern, doch bewegt (man) sich in der Schule zu wenig :-). Andererseits gerät bei dieser technologiebasierten Trainingssteuerung der Athlet aus dem Blick, als Person, seine individuellen Kognitionen und Emotionen. Hier glaube ich, kann man aber noch viel heben, vielleicht mehr, als der weiche Titel „Reflexion“ zunächst erwarten lässt.
Was kann die (Trainings-)pädagogik in diesem Zusammenhang leisten? Die Grundidee des Web 2.0 bietet neue Möglichkeiten der reflexiven Trainingssteuerung (vgl. auch die aktuelle Tagung der AIESEP), denn durch die Nutzung z.B. von Weblogs, Videoannotierungen und Tagging ergeben sich neue Lernoptionen für die Spieler! Eigene Vorstellungen (und emotionale Zuschreibungen) werden artikuliert mit anderen getauscht, kritisiert oder verstärkt. Der gesamte Prozess des Groundings fände nicht nur auf dem Platz, sondern als komplementäre Ergänzung im virtuellen Raum statt.
Mich interessiert in diesem Zusammenhang die (theoretische) Frage, wie das System Mannschaft auf dem Platz gesteuert wird – dezentral? Wo sitzt hier die Intelligenz – verteilt? Ich behaupte (als These), dass es so etwas wie eine „verteilte Kognition“ ist, die das System der Mannschaft „führt“. Können da Werkzeuge aus dem Bereich des social software helfen? Hat eine erhöhte Reflexionskompetenz der Spieler einen positiven Einfluss auf das Spielgeschehen? In welchem Verhältnis stehen individuelle Reflexion und „kollektive oder soziale“ Reflexion? Steht die noch unbestimmte kollektive Reflexion mit der verteilten Kognition von Huchins in einem Zusammenhang? Stülpt man dem Sport (als primär? körperliche Bewegungsdomäne) etwas Fremdes über? … Ich merke, ich habe mehr Fragen als Antworten. Aber spannend diese Fragen ich finde.