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Rigor ist keine Stadt

Entsprechend unbefriedigend ist es, wenn man nach 20 min (völlig richtig von der Moderatorin) seine Erläuterung abbrechen muss, denn viele Fragen bleiben offen – die Darstellung würde einen Workshop füllen. In den Ohren von Pädagogen hat die Beschäftigung mit DBR zudem etwas Mechanisches, Formalistisches, man könnte denken, „Ingenieure sind am Werk“: Man optimiert Prozesse, Organisationsstrukturen, Aufbau und Funktion von Lernwerkzeugen etc. Wo ist die pädagogische Sache, wo geht es um Lernqualitäten? Und was noch viel verwickelter ist: Man mag den Mehrwert für die Praxis noch nachvollziehen können, so wie man nachvollziehen kann, dass ein Maßanzug, der x-mal umgenäht und angepasst wurde, besser sitzt. Aber: Den Mehrwert für die Theorie, für die Erkenntnis, für die Wissenschaft erkennt man nicht, will oder kann man nicht erkennen. Wo wird hier verallgemeinert? Nach welchen verbindlichen Standards geschieht das? Es scheint tief in die DNA der wissenschaftlichen Meme eingebrannt zu sein: Es muss Rigor sein! Die dahinter liegenden Metaphern sind und bleiben bis auf weiteres bestehen: „hart“ und „weich“ (vgl. interessantes Diskussionspapier Rigor & Relevanz von Alexander Dilger), siehe auch Gabi in einem früheren Beitrag. So ist es zu verstehen, dass dieser Dualismus nun auch wieder beim DBR zur Anwendung kommt: Man unterteilt in eine eher innovationsorientierte (Gabi wurde im AK dieser Richtung zugeordnet) und eine theorieorientierte Schule. Hier geht es um Nutzen, dort um Erkenntnis. Mein abschließendes Plädoyer im AK ging in die Richtung, an diesem Punkt wachsam zu sein, denn der spezifische Beitrag des DBR besteht meiner Meinung genau darin, DURCH (!!!) Design Nutzen und Erkenntnis zu VERBINDEN, also zwei Seiten einer Medaille durch systematische und zyklische Kopplung komplexer Interventionen mit einer ebenso komplexen Praxis. Man muss gerechter Weise sagen: Verallgemeinerung in Form von Gestaltungsmustern oder (lokal begrenzten) Prototheorien, … so löst sich die Rigor-Paradoxie auf.
Vor diesem insgesamt eher skeptischen Hintergrund bin ich froh, dass ich nach unserem Arbeitskreis einen Kollegen aus der Schweiz kennen lernen durfte, Eric Jeisy von der EGS Magglingen. Er promoviert gerade über DBR. Was er in einem kurzen Nachgespräch erzählt hat, klang sehr spannend und informiert. Vielleicht ergibt sich hier noch ein intensiverer Austausch.