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Was macht eine gute Trainerin aus?

Ich glaube, diese Frage wurde schon vor 50 Jahren in Trainerseminaren gestellt und die Antworten waren (wie heute) alle ähnlich: Ein guter Trainer braucht ein tiefes Verständnis für die Sportart, hohe Selbstreflexion sowie eine Könnerschaft bei der Entwicklung von Talenten, d. h.: Vertrauen spenden und Zweifel stiften, geduldig sein und drängen können, klar sprechen und empathisch zuhören, beteiligen und führen … und so könnte man die Reihe der Sowohl-als-auch Begriffe mit dem Metakonzept der situativen Balance fortsetzen.

Mit der genannten Frage startete letzte Woche der zweite Jahrgang der Nachwuchstrainer-Ausbildung der Basketball-Bundesliga (Beko-BBL) in Rotenburg a.d. Fulda, in der ich das Fachmodul Wissensmanagement betreue. Zusammen mit Florian Gut (BBL) und Christopf Moeller (IfS) und der Gruppe aus sieben Nachwuchstrainern (+ Gäste) haben wir sechs Stunden mit Grundsatzfragen verbracht.

Einer der zentralen Punkte des Tages war für mich die Diskussion zum Thema Feedback. Noch vor Weihnachten wurden alle Nachwuchstrainer in Ihren Heimatvereinen von zwei erfahrenen Trainern (Mentoren) besucht und bekamen Feedback auf eine ihrer Trainingseinheiten. Die Reflexionen der Nachwuchstrainer im edubreakCAMPUS zeigten, dass Feedback auf eigene Trainingspraxis als äußerst wertvoll eingestuft wird, in der Praxis ein solches Feedback auf die eigene Lehre von Experten aber relativ selten ist. Das ist nichts BBL-Spezifisches, sondern zieht sich interessanter Weise durch alle Sportarten, die ich betreue.

Aus diesem Grund habe ich im Workshop eine Konzeptidee für das Expertenfeedback (Feedback für die Lehrenden) vorgestellt, die vier Phasen beinhaltet: In Phase 1 videografieren Trainer in ihren Vereinen (kein künstliches Setting) Lehrsituationen und kombinieren diese zu einem „persönlichen Video-Portfolio“; eine Art Lehrprofil im Videoformat. Dieses persönliche Portfolio kann durch Mentoren und/oder Peers online kommentiert werden. In Phase 2 – der Präsenzphase – besuchen die Mentoren eine Praxiseinheit vor Ort. Wichtig ist, dass der Nachwuchstrainer Ziele und Methoden der Trainingseinheit vorab schriftlich expliziert. Nach der Praxiseinheit verbalisiert der Nachwuchstrainer die erlebte Lehrpraxis vor den Hintergrund seiner angestrebten Ziele. Es folgt ein Feedbackgespräch mit den Mentoren. Alle Feedbackgespräche des vor Ort-Besuchs werden videografiert. In Phase 3 (online) reflektiert der Nachwuchstrainer genau dieses Feedback-Gespräch im Video, er beobachtet also die Fremd- und Selbstbeobachtungen und kann Dinge sehen, die während des Feedback-Gesprächs (Phase 2) unbeobachtet geblieben sind, z.B. könnte er sich fragen: „Warum rege ich mich an dieser Stelle so über das Feedback auf, warum reagiere ich so emotional, was ist (Hinter)Grund?“. In dieser Beobachtung zweiter Ordnung steckt noch Potenzial und gerade Trainer, die genauer hinschauen wollen, sollte diesem Punkt bzw. dieser Phase besondere Aufmerksamkeit schenken. Der Gesamtprozess schließt (vorerst) mit dem Wissenstransfer in die eigene Trainingspraxis ab (Phase 4), was dauern kann. Diese Phase ist nicht einfach, da eingeschliffene Routinen aufgebrochen und überwunden werden müssen. Da hilft nur Tun, videografieren, reflektieren und erneut Feedback einholen. Dies führt uns wieder zur Phase 1 zurück.

All das ist aufwendig, aber auch enorm wichtig für die Entwicklung einer Könnerschaft, die Talente „entwickeln“ möchte. Wir sollten uns im Blick haben.

Von Veröffentlicht am: 11. Januar 2015Kategorien: AllgemeinKommentare deaktiviert für Was macht eine gute Trainerin aus?