Didaktiker haben keine Sprache

Im Folgenden hat Christian Kohls über SEIN Thema gesprochen: Muster! Zum Teil deckte sich das mit dem, was er bei e-teaching.org schon gesagt hatte. So stand seine Wanderanalogie über weite Strecken im Zentrum, weil sich an ihr das Konzept der Wirkkräfte besonders gut darstellen lässt. Mit seiner Erklärung haben wir gut verstehen können, dass es auf Seiten des Wanderers und der Landschaft sowohl negative als auch positive!! Wirkkräfte gibt. Im Kontext ergeben sich somit in Abhängigkeit vom Start- und Zielpunkt sehr unterschiedliche Lösungsoptionen.
Aber natürlich hatte Christian noch mehr im Gepäck: Angestachelt durch Gabis Esoterik-Vorwurf ;-) hat er das Konzept der Ganzheitlichkeit verteidigt. Für Christian ist Ganzheit/ Ganzheitlichkeit ein GestaltungsRAUM (Form), ein Modell, aber kein Prototyp! An dieser Stelle wurde es sehr interessant, denn hier ging es darum, wie Muster zu Mustern werden: durch Abstraktion? Nein, nicht allein, denn in der Abstraktion löst sich die Form auf, die Idee (= das Wesen) der Sache geht verloren. Leider war es zu diesem Zeitpunkt schon 17 Uhr, das offizielle Ende der Veranstaltung.
Ich weiß nicht, wie es den anderen gegangen ist, aber hier an dieser Stelle springt der Frosch ins Wasser (würde Ulrich Fahrner sagen). Ich meine, zu der Strategie der Abstraktion (impliziert die Dimension Granularität?) müsste noch ein zweites, komplementäres Prinzip hinzukommen: die Analogie, das analoge Prinzip? Christian und ich hatten früher schon einmal überlegt, ob Pattern Analogien sind. Christian argumentierte damals, dass es zwei Seiten derselben Medaille sind. Wenn das stimmt, dann müsste man fragen, ob diese beiden Seiten nicht unterschiedliche Beiträge/Qualitäten "zum Ganzen" einbringen können. Bei der Analogie unterscheidet man ja zwischen (a) Oberflächenähnlichkeit (was ist sichtbar gleich/ähnlich), (b) Funktionsähnlichkeit (Struktur/ Prinzip) und (c) dem analogen Zweck (Holyoak/ Thagard: Multiconstrainttheory). Vielleicht ist der Musterbildungsprozess sowohl durch ein Abstrahieren (Suche nach allgemeinen, dekontextualisierten Merkmalen) als auch durch ein Analogisieren (Suche nach spezifischen, re-kontextualisierten Merkmalen) gekennzeichnet! In dieser Form hätte man die beiden Anforderungen realisiert, dass nämlich didaktische Muster sowohl gestaltbar als auch gestalthaftig/ -gebend sind!
Gut, … und was war nun mit der Sprachlosigkeit der Didaktiker? Wir kamen immer wieder an den Punkt, dass die Übertragung von Gestaltprinzipien in den Kontext der Pädagogik, des Unterrichts schwierig ist. Was die gemeinsame Gestalt innerhalb einer Punktewolke ist, „sehen“ wir unmittelbar, die Wolke. Wie erkennt man aber eine gute Gestalt von Unterricht? Wie beschreibt man die Gestalt? In diesem Zusammenhang erwähnte Christian, dass es innerhalb der Informatik eine Mustersprache gibt, mit der sich Experten gut unterhalten können. Meine These war, dass es sowas in der Didaktik, genauer zum Unterricht, nicht gebe. Natürlich gibt es Methodenkataloge, Unterrichtsbeispiele, didaktische Taxonomien und auch erste Projekte zu didaktischen Mustern (meist im Bereich e-Learning). Wenn ich mich aber an mein Pädagogikstudium erinnere, dann wurde einer Unterrichtssprache (und jetzt kommt es) mit dem Fokus auf Kontext-, Problem- Lösungssequenzen wenig bis kein Raum gegeben. Stattdessen standen didaktische Modelle (Berliner/ Hamburger Didaktik), Bildungsphilosophie (Humboldt & Co.) und Fachdidaktik auf dem Plan, also eine Sprache ÜBER Unterricht. Mir ist dieser Unterschied wichtig: wir können einigermaßen gut über Unterricht und seine philosophisch-didaktischen Unter- oder Überbau sprechen, aber eine Sprache des Unterrichts, mit der Didaktiker (und die, die es werden wollen!!!) ihre Ideen, Konzepte, Lösungen austauschen können, geht uns ab. Sehe ich da was falsch?
Erzählen mit Kindern und dem Sauerländer

On-the-Job Coaching: Ambulante Pflege

Für mich ist das Projekt aus didaktischer Sicht deshalb sehr spannend, weil dahinter ein innovatives Modell (on-the-job-coaching) steht, was sich ggf. auch für andere Kontexte nutzen lässt. So kann ich mir gut vorstellen, dass sowohl in der sportbezogenen Managementausbildung als auch in der Fahrlehrer-weiterbildung sog. on-the-job-Formate (die man entwickeln müsste) hinsichtlich der Akzeptanz aber auch hinsichtlich des Wissenstransfers attraktiver sind als formale "Lehrgänge". Dies dürfte vor allem bei fortgeschrittener Expertise der Fall sein. Erst einmal aber gilt alle Aufmerksamkeit dem Projekt mit dem DRK.
Teil und Ganzes
"Jede Arbeit beginnt. Und das wäre kein Problem, würde nicht der Beginn immer nur als Beginn von etwas einen Sinn machen. So setzt der Beginn immer schon das Ganze voraus. Also läßt sich nur mit dem Ganzen anfangen. Am Ganzen läßt sich zeigen, wo sein Beginn ist. Wenn das Ganze bekannt ist, liegt sein Beginn in seiner Logik. Nur: Wie das Ganze bekannt machen, womit anfangen? Ausweglos! Vielleicht anders: Der Beginn ist das Ganze. Nur in nebulöser Form. Beim Durchschreiten vom Beginn an lichtet sich der Nebel. Der Beginn, der das Ganze ist, findet sich auf dem Weg durch die Arbeit. Das Ganze liegt im Beginn, implizit. Am Ende hat sich dieses Implizite offenbart." (Aus: Eine subjektwissenschaftliche Betrachtung der Softwareentwicklung)
Der „innerer Dialog“ im Sport

Tatsächlich haben sich einige Verbandsvertreter unser edubreak-Konzept genauer angesehen und Interesse an einer Verwendung gezeigt, toll :-). Eine gute Unterhaltung hatte ich mit einer Vertreterin aus dem Bereich Schießen (Schützen): bei dieser Sportart geht es ja weniger um äußere Bewegungskorrekturen, was sich mittels Videokamera beobachten und kommentieren ließe. Vielmehr steht der „innere Dialog“ zwischen dem Athleten und der Zielscheibe im Zentrum. Mich interessieren diese Art Gespräche deshalb, weil damit ein neuer „didaktischer Fall“ (didaktische Intereraktion) beschrieben werden kann. Es geht dabei nicht nur um Schießen (Was ist das Besondere an diesem Fall?), sondern um die Frage, wie man einen inneren Dialog generell zwischen einem Akteuer und einer Sache, einem Modell oder fiktiven Dritten für die Ausbildung fruchtbar macht (Fall von was? Welche didaktischen Kategorien beinhaltet der Fall). Donald Schön hatte diesen Punkt in seinem Konversationskonzept diskutiert. Aber, wie bettet man den inneren Dialog in ein e-Learning Szenario ein, wie kann man es mit dem edubreak-Konzept verbinden? Was wird überhaupt bei diesem inneren Dialog reflektiert? Welchen Anteil hat das Sinnliche, der Körper bei dieser Reflektion? Wie passen Körper(wissen) und Reflektion zusammen? Welche Rolle spielt das Vorsprachliche? Das sind Fragen von früher (Pathologie der Reflexion), die nun aber in einem neuen und konkreten Licht erscheinen. Ich werde dem nachgehen.
Videoinstruktion zum Praxisstart
