Fehlerkultur
Also bei uns ist es so: Meine Frau wäscht und ich kaufe ein. Nicht, dass ich nicht waschen könnte, aber ich nehme es mit den Farben und Stoffen nicht so genau. Aber auch, wenn man nicht selber wäscht, können schlimme Sachen passieren.
Neulich kam Gabi in mein Büro und zeigte mir meine T-Shirts, alle in einem poppigen Rot gefärbt. Ursache war eine rote Serviette, die ich in einer meiner Jeans vergessen hatte. Rote Servietten erfüllen alle Kriterien, die man bei einem Waschvorgang nicht braucht: Der Zellstoff löst sich in kleinste Teile auf und haftet bombenfest an jedem Textilstück, und die Farbe Rot dringt tief in die Faserstruktur ein, sodass alles mit einem schönen Schleier versehen ist.
Die Frage ist also: Was machen wir mit diesen Menschen, die rote Servietten in die Waschmaschine stopfen? Auspeitschen hat sich für die Prävention nicht als förderlich herausgestellt, so die Rechtsgeschichte. Geeigneter erscheint mir die Selbstbestrafung, die T-Shirts mit einem starken Klebeband von den Zellstoffpartikeln zu befreien, was erstaunlich gut ging.
Man könnte jetzt meinen, dass mir das eine Lehre war, also Gabis Mahnung, meine Einsicht, die Selbstbestrafung. Klar, rote Servietten in der Wäsche sind böse, dass weiß doch jedes Kind. Zwei Tage später kam Gabi wieder in mein Büro. In der Hand hielt sie ein Schokoladenbonbon. Gott sei Dank hatte die Plastikfolie gehalten, sonst wäre die ganze Wäsche schoko-braun oder klebrig gewesen, wer weiß das schon.
Vielleicht sollte ich doch mal den Wasch-Posten übernehmen, dann habe ich die Chance, alles nochmal zu kontrollieren. Aber das wird Gabi nicht mitmachen. Rote Servietten und Schokobonbons in zwei Tagen sind einfach zu viel des Guten. Ok, dann schleppe ich lieber die schweren, schweren Einkaufstaschen, da kann man nix falsch machen … obwohl … neulich …. :-)
Barcamp, Fishbowl und ein Überraschungsgast
Erstmals fand 2020 die „Digitale Jahrestagung Bildung“ des Deutschen Fußball Bundes e.V. unter Leitung von Wolfgang Möbius im reinen Online-Format statt. Und das, was sich das Organisationsteam (u.a. Sebastian Fink, Felix Mack, Steffen Bartel) im Vorfeld überlegten, hatte es in sich: Die Konferenz startete am Freitag um 16.30 Uhr mit Wolfgang und Sebastian, die ca. 90 Teilnehmerinnen aus dem ganzen Bundesgebiet begrüßten. Es folgte eine kurzweilige Rede von Günter Distelrath (Vizepräsident des DFB), der u.a. an die erfolgreiche Einführung des digitalen Lernens (Blended Learning, SVL etc.) seit 2016 erinnerte.
Nach einer Pause trugen zwei Barcamps mit jeweils ca. 15 Sessions dazu bei, dass eine große Vielfalt an Themen auf den Tisch kam. Es ist immer wieder erstaunlich, wenn da 90 Teilnehmende „per Klick“ in Breakout-Rooms „verschwinden“ und fast nahtlos eine intensive Diskussion beginnt, mit Themen, die sie selbst vorgeschlagen haben. Vor allem hier denkt man sich: Vorteil digital! Ich selbst hatte eine Session mit dem Thema „Multikriterien Videokommentierung“ (edubreak@spider) beigesteuert, die zwar von Wenigen, dafür intensiv diskutiert wurde. Danke Tammo!
Nach einer erneuten Pause schaffte es Professor Jenewein von der Uni St. Gallen in einer Motivationsrede Covid19 mit den Begriffen Demut und Interesse zu verbinden. Das, so sein Credo, seien die richtigen kognitiv-emotionalen Modi, um für sich, in der Familie und im Job positiv Wege im Umgang mit den Folgen von Covid19 zu (er)finden. Recht hat er! Hermann Grams, der die nachfolgende Diskussion visualisierte, stellte vor allem den Wortteil Mut in DeMUT als wichtige Zukunftseigenschaft heraus.
Nach einer erneuten Pause startete dann ein Fishbowl, also eine Diskussionsrunde, an der sich die Teilnehmenden per Chat und bei großer Relevanz auch mit Wortmeldung beteiligten. Es würde hier zu weit führen, alle Aspekte dieser Diskussionsrunde u.a. mit dem Leiter der DFB Akademie Dr. Haupt, dem Leiter der DFB-Kommission Qualifizierung Gundolf Walaschewski sowie Markus Danz (SFV) zusammenzufassen. Aber: Es ging um das Leitthema Digitalisierung und damit verbunden, um Fragen der praktischen Umsetzung in der Ausbildung sowie um ein dem digitalen Zeitalter angemessenes Führungsverständnis. Hier spielten Begriffe wie Wärme, Empathie und Wissensteilung eine große Rolle. Vor allem viel auf, wie virtuos Wolfgang Möbius die gesamte Online-Diskussion stimulierte und lenkte, also eine seltene Digitalkompetenz, die auf jahrelanger analoger Erfahrung beruht.
Und wäre das bisher nicht alles genug: Die TeilnehmerInnen wurden am Ende noch mit einer Zuschaltung von Oliver Bierhoff überrascht. Das war großes Tennis! Auch hier wird sichtbar, welche Vorteile im Digitalen liegen. Bierhoff nutzte die Zeit, um ein paar persönliche Perspektiven mit den Teilnehmern zu teilen, z.B. wie er in Coronazeiten Kontakt mit den Nationalspielern hält. Das war ebenfalls kurzweilig, genau wie die gesamte Tagung.
Der DFB hat damit einen Konferenz-Standard im deutschen Sport gesetzt, der mir in dieser Form noch nicht untergekommen ist. Das ist genau der Mut von Bildungsmachern, von dem weiter oben die Rede war. Echt klasse und Glückwunsch ans Team!
Die Resiliente Gesellschaft
Gerhard Polt – ein bayerischer Kabarettist – hatte mal in einem seiner Stücke gesagt: Sein „Bangladeschi“ (gemeint war ein aus Bangladesch stammender Arbeiter, der in seinem Restaurant als Spülhilfe arbeitete) sei in Krisenzeiten finanziell „flexibel“, flexibel wie ein Bambus, der sich bei Sturm biege!
Polt sei seine diskriminierende Bemerkung verziehen: In der Kunst fallen Humor und Kritik (hier bei Polt an der Globalisierung) in eins. Biegsam wie ein Bambus: Schaut man in die einschlägige Literatur zur Resilienz, dann trifft man immer wieder auf dieses Bild der „Biegsamkeit“, der „Wiederrückstellung“, so ähnlich wie bei den Borg von Star Wars, bei denen jeder Schiffstreffer der Föderation sogleich durch Nanotechnologie repariert wird. Wie praktisch!
Der Bezug zur Gegenwart ist schnell gezogen: Seit Corona ist nichts mehr, wie es war; alle Menschen auf dieser einen Erde stehen vor der Herausforderung, ihr eigenes Leben zu schützen, anderes Leben zu schützen, zwar nicht ganz wie im Krieg, aber doch mit einer keine Widerrede duldenden Entschlossenheit, die uns bisher fremd war. Doch dieses Ziel hat seinen Preis: Zunehmend geraten die Freiheitsrechte, der soziale Frieden und die wirtschaftliche Kraft eines Landes bzw. ganzer Nationen in Bedrängnis. Auf wissenschaftlich letztlich unsicherer oder zumindest kontrovers diskutierbarer Informationsbasis ist von einem Tsunami die Rede, von dem man nicht weiß, wann er kommt und wie hoch er ist. Wir sind also gespannt und gelähmt zugleich, irgendetwas Ungesundes jedenfalls und der nationale Wille wächst von Woche zu Woche, etwas Grundsätzliches dagegen zu tun.
In den 70er des letzten Jahrhunderts sprach man bereits in der Umweltbewegung von Widerstandskraft, spätestens aber mit dem Beitrag von Benedikter & Fadthi (2010) ist der Begriff in der Welt: „Resiliente Gesellschaft“. In ihrem Aufsatz skizzieren sie vier Dimensionen einer Zukunftssicherung in Krisenzeiten: Sicherheit durch Schutz, Sicherheit durch Risikomanagement, Sicherheit durch Sozialkapital und Sicherheit durch Technologie, so könnte man das knapp umschreiben. All diesen Ansätzen ist gemein, dass sie die Krise immer als etwas von außen Kommendes begreifen, das über den Menschen hereinbricht, was man auf eine bestimmte Art managen kann. Und ohne Zweifel gilt: In der Krise sind all die o.g. Faktoren wichtig.
Was aber mit Corona auch sichtbar wird, ist eine „Krise von Innen“, d.h. eine Krise unseres Denkens selbst! Es ist die Art und Weise, wie wir Probleme lösen, gemeinhin nach der Maxime der Effizienz. Man sieht das an den Denkfolgen: Just-in-Time-Management ohne Zwischenlager, Projekt- und Personalmanagement ohne Puffer, Ressourcenplanung ohne Redundanz, kurz: alles „auf Kante“.
Dass Systemkatastrophen wie aktuell Corona auf lebenswichtige Strukturen durchschlagen, ist naheliegend: Ein angespanntes Gesundheitssystem, überforderte Schulen und Hochschulen, eine ohnmächtige (Analog)Wirtschaft. An all diesen Orten ist die Not groß, weil Alternativen zur bisher fest eingespurten Praxis vor allem aus „ökonomischen Gründen“ nicht vorhanden sind.
Nun denken wir gezwungenermaßen über eine „neue, ökonomische Vernunft“ nach, alles wird resilient und viele Beraterhäuser fangen an, ihr bisheriges Effizienzmantra gegen das der Resilienz auszutauschen. Geschickt, oder?
Dabei dürfte klar sein: Auch die neuen Widerstandsressourcen, Zeitpuffer und Alternativstrukturen werden sich rechnen müssen, da es nicht darum gehen kann, die Puffer ins Unendliche auszuweiten. Vielleicht ist ein analoger Blick in die Natur lohnend: dort, wo Verbundenheit und Autonomie keinen Widerspruch erzeugen, dort, wo Sparsamkeit und Überfluss eine Einheit bilden, dort, wo die Dinge „schön“ sind.
Vielleicht ist am Ende der Begriff der Resilienz auch nur eine Zwischenstation, ein Stützrad auf Zeit. Vielleicht sprechen wir in ein paar Jahren oder Jahrzehnten oder Jahrhunderten von einer „Ästhetischen Gesellschaft“, in der sich eine stabile Funktion mit einer humanen Norm „spielerisch“ verbindet. Das klingt weit weg, aber etwas von dem, was sein wird, legen wir heute gerade fest: Durch jeden neuen Gedanken, durch jede offene Kritik.
Zeit für Erfinder
Ende der 1990er wohnte ich etwa drei Jahre lang mit meinem Bruder Peter zusammen: freie Kölner Jahre jenseits aller bürgerlichen Verpflichtungen. Die einzige Pflicht, die wir uns selbst auferlegten, war das Lesen von Büchern und das Entwickeln von Erfindungen aller Art (z.B. einen Monitor-Rahmen). Mit großem Ernst bündelten wir damals diese Ideen und Prinzipien in der „Sonnenblumen AG“ – einer fiktiven Gesellschaft für Social Entrepreneurship, die nur auf dem Papier bestand.
2020 steht die Welt auf dem Kopf. Corona, ein kleiner Virus, erzeugt in wenigen Monaten ein gesellschaftliches Erdbeben, bei dem die körperliche und psychosoziale Gesundheit jedes Einzelnen und die Gesundheit unserer Gesellschaft auf dem Spiel stehen. Die Maßnahmen, die sich die Verantwortlichen bisher ausgedacht haben, lassen sich durch ein „Verbot der Nähe“ kennzeichnen. Genau dieses Verbot greift tief in das ein, was wir bisher Gesellschaft nennen. Nicht erlaubt sind alle Formen der Geselligkeit: in der Freizeit ebenso wenig wie in Arbeit und Bildung.
Eine große gesellschaftliche Verwerfung, egal wie schlimm sie ist, ist auch die Zeit für Erfinder. Sie bricht gerade an und erste Lösungen für eine neue, vielleicht widerstandsfähige, resiliente Gesellschaft entstehen. Die Erfindungen lassen sich hinsichtlich ihrer Komplexität und Motivation unterscheiden:
- Bedruckungsmaschinen für Masken mit lustigen Bildern, weil Masken Teil der neuen Gesellschaft sein werden.
- Systeme für Online-Kommunikation, weil Fern-Kommunikation noch intensiver als bisher und hoffentlich auch qualitätvoller Teil der neuen Gesellschaft sein werden.
- Müllentsorgungsmaschinen, weil Masken, Schutzkleidung, aber auch Einwegbesteck und andere virenfreie „Einmalartikel“ millionenfach Teil der neuen Gesellschaft sein werden
- Individuelle Fortbewegungsmittel, weil der nach dem Massenprinzip aufgebaute ÖNV zumindest in der Form, wie wir ihn kennen, gegebenenfalls nicht (mehr) Teil der neuen Gesellschaft sein kann.
- Geselligkeitsformate für Freizeit mit neuen Ideen von „Nähe“, weil eine neue Gesellschaft ohne Nähe nicht überleben kann.
- Bildungsformate für Kindergarten, Schule, Hochschule und Weiterbildung, welche das Körperliche und Sinnliche neben aller nun aufbrechenden Bildschirmdidaktik auf eine eigene (neue) Weise zurückerobern, weil eine neue Gesellschaft ohne Körper nicht funktioniert.
Diese nur kleine Auswahl zeigt: Es gibt viel zu tun und die Zeit ist gut dafür, sich als Erfinder oder Erfinderin zu engagieren. Was mir ein besonderes Anliegen ist: Wir denken aktuell sehr viel über die Toten und die Kranken nach, was menschlich und nachvollziehbar ist. Wir denken (noch) wenig (offiziell) über unsere Kinder nach. Der Schrecken, den wir ihnen heute einjagen, wird sich Jahre, Jahrzehnte später zeigen, in subtilen Formen der Angst. Hier sollten wir mit unseren Erfindungen anfangen.
Online versus Anders
Im März 2020 waren eine Reihe von Tagungen im Kontext Bildung, Lehren, Lernen, Medien geplant. Viele von ihnen sind ersatzlos gestrichen worden, einige experimentierten mit unterschiedlichen Online-Formaten. So hat z.B. das CLC20 schön gezeigt, wie man ein BarCamp im synchronen Format online umsetzt. Klasse zu sehen, wie das mit der Koordination via kollaborativem Google-doc und Videokonferenz (wie ZOOM) funktioniert!
Bei der 15. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschulforschung ist man dieses Jahr einen anderen Weg gegangen: Im Zentrum standen nicht synchrone-Formate, sondern alle Beiträge von Keynote über Posterpräsentation bis arrangiertem Streitgespräch wurden dezentral und asynchron als Video aufgenommen und in einem „Online Video Conference Book“ zusammengetragen. Die Gründe dafür waren zunächst gar nicht mal didaktischer Natur: Fehlende oder überlastete technische Infrastrukturen – wie an vielen deutschen Unis – machten alle Pläne zunichte, doch noch was „live“ auf die Beine zu stellen.
Nun also asynchron. Das hört sich zunächst langweilig an, weil wir doch gewohnt sind, alles, was mit Internet zu tun hat, in Echtzeit erleben zu wollen, interaktiv und kollaborativ, versteht sich. Schaltet man im Kopf um und fragt sich, was man eigentlich braucht, dann ist zumindest das neue Angebot einer umfassenden Videodokumentation mit Kommentaroption … interessant. Man erinnert sich: Ohne Stress ein Buch lesen, sich vertiefen, nachdenken, sich Notizen machen, nachdenken, in aller Ruhe einen Kommentar schreiben und hoffen, dass dieser Kommentar andere inspiriert, zum Weiterdenken und ggf. zu einem Austausch. Entschleunigung nennt man das und in einer hektischen Zeit ist das zumindest eine gute Handlungsoption, gerade an Universitäten und Hochschulen.
Für mich ein Highlight bei der o.g. Tagung war das arrangierte Streitgespräch: Arrangiert deshalb, weil Gabi sich im Vorfeld viele Gedanken gemacht hat, wie man ausgewählte WissenschaftlerInnen zu einer Art Streit motivieren kann, um Facetten des Spannungsfeldes von individueller und institutioneller Verantwortung im Kontext der Hochschullehre sichtbar zu machen. Die Professoren Kreber, Bremer, Braun, Langemeier und Scharlau haben sich auf das Experiment eingelassen. Wer mag, kann sich das Streitgespräch anschauen und natürlich auch sehen, was ich nach nach ca. drei Stunden Nachdenken als Kommentar zu Papier gebracht habe ?
P.S. Was man unbedingt auch sehen und hören muss, ist die Keynote von Prof. Biesta. Ich selbst warte damit bis Ostern. Wir haben Zeit.
Forschendes Sehen, … wir starten blind!
Seit ca. drei Monaten denken wir intensiv in unserem bmbf-Projekt SCoRe über das Forschende Sehen als Spezialform des forschenden Lernens nach. Als erstes Ergebnis ist nun ein Impact Free-Artikel entstanden, worüber ich mich sehr freue [„FORSCHENDES SEHEN“ – EIN KONZEPT UND SEINE MÖGLICHKEITEN]. Darin beschreiben wir erstmals die Spezifika des Forschenden Sehens und kombinieren diesen „Erkenntnisrahmen“ mit den besonderen „Erkenntnismitteln“, nämlich Video und Social Video Learning.
Es überrascht daher, wenn wir – wie im Titel geschrieben – „blind starten“. Hintergrund für diesen verbalen Aufhänger ist der Expertenworkshop „Video“, den wir letzte Woche an der Macromedia-Hochschule Hamburg (MMH) unter Leitung von Andreas Hebbel-Seeger und Team (Marianna und André) sowie unserem externen Videoexperten von der ETH Zürich, Pascal Xavier Schmidt, durchgeführt haben. Im Workshop galt es u.a., im Rahmen eines Arbeitsauftrags zu erkunden, welche Barrieren und Hilfsmittel jemand im Gebäude der MMH vorfindet, der blind ist. Um erste empirische Einsichten zu gewinnen, hatten wir jemanden aus unserem Kreis die Augen verbunden, ihn mit einer wortkargen Begleiterin ausgestattet und dann „einfach mal den Weg zum Professor“ suchen lassen. Man macht sich keine Vorstellung davon, wie offenkundig und subtil Barrieren sein können. Genau diese Barrieren mit Video aus sehr unterschiedlichen Perspektiven zu dokumentieren, war Teil des Arbeitsauftrags und Teil der „Beobachtungsstudien“, die wir mit dem Projekt anstoßen wollen.
Ich bin sehr froh, dass wir nach den Monaten intensiver Theorie- und Konzeptionsarbeit nun praktische Erfahrungen sammeln, nicht zuletzt auch deshalb, weil wir ein Gefühl dafür bekommen müssen, was wir Studierenden zutrauen können und müssen. Was mich besonders fasziniert, ist, dass mit der Metapher des „Forschenden Sehens“ ein Rahmen abgesteckt ist, der abstrakte Aspekte der Erkenntnistheorie und der Forschung im Zusammenspiel mit Video (lat. ich sehe) in greifbare und potenziell begreifbare Kategorien überführt, z.B. Beobachterabhängigkeit, Perspektivität, Konstruktivität etc. Am Ende steht wohl auch die Aufgabe, Studierende vom „naiven Sehen“ (und Beobachten) über viele Zwischenstufen zu einem reflexiven Sehen (und Wahrnehmen) zu bringen, was ein wichtiger Aspekt einer forschenden Haltung ist. Und wie immer denke ich bei solchen Sätzen nicht nur an die Studierenden an Hochschulen, sondern auch an die Trainer und Trainerinnen von morgen, für die das Forschende Sehen ebenfalls ein attraktives Ziel sein dürfte.