Kongresszeit 2011

Nun ist kongressmäßig im September noch ein letztes Referat in diesem Jahr geplant – dann ist erstmal Schluss! Am 22.09 stelle ich in Halle beim Deutschen Sportwissenschaftlichen Hochschultag unser Chinaprojekt (Thomas Beyer Leitung, u.a. mit Bildungsministerium China, Hamburger Sportbund, DOSB int.) vor. Bei der mediengestützten Ausbildung von chinesischen Sport-vereinsmanagern (eine Art social entrepreneurs of sports) spielt der edubreakCampus wieder eine zentrale Rolle, aber auch neue Elemente wie dialogische Videoszenen zur Vermittlung von ökonomischen Fachperspektiven und die Entwicklung einer persönlichen Gründungsskizze durch die Teilnehmer selber spielen eine Rolle. Ambitioniertes Didaktikkonzept und chinesische Lernkultur schauen sich tief in die Augen, … das ist der aktuelle Stand, den ich in Halle in der Session Sportmanagement (da bin ich gelandet) diskutieren möchte.
Social entrepreurship und „soziale Rendite“

Der Abend hat gezeigt, wie sehr man aktuell darum ringt, sowohl monetäre und soziale Rendite unter einen Hut zu bekommen. Aber so gänzlich klappt das noch nicht. Herr Prof. Dr. Andreas Heinecke rät sogar dringend davon ab. Es sei vielmehr eine Grundsatzentscheidung, ob man Geld verdienen wolle oder mit Haut und Haar hinter einer sozialen Aufgabe stehe. Genau dieser Punkt wurde z.B. von Johannes Weber, Gründer und Managing Partner des Social Venture Fund, ganz anders eingeschätzt. Er war der Meinung, dass Geld verdienen auch beim SE nicht zu kurz kommen dürfe, wenn man gute Leute an diesen gesellschaftlich so wichtigen Bereich binden wolle.
Im Nachgang zur Sitzung erinnerte ich mich an eine Szene aus Raumschiff Enterprise, in der Jean Luce Picard einem Erdbewohner aus dem 21 Jh. erklärt, dass „Geld" im 24 Jh. keine Rolle mehr spiele. Jeder arbeite, um die eigenen Ideen zu verwirklichen, da die Ernährungsfrage gelöst sei. Utopien regen ja zum denken an und so frage ich mich, ob nicht die Integrationszwang beider Renditeformen (monetär und sozial) in EINER PERSON, dem social entrepreneure, eher behindert als befördert. Denkbar wäre ja auch eine Entkopplung, d.h. der social entrepreneur ist dort aktiv, wo der Staat in seinen Aufgaben bisher versagt. Bei sichtbarem Erfolg wird ihm aber vom Staat eine entsprechende monetäre Rendite ausgezahlt. Ansätze hierzu gibt es, da müsste man kreativ weiter denken. Es gilt einfach mit dem Gut der „sozialen unternehmerischen Motivation" achtsam umzugehen … aus einer volkswirtschaftlichen Motivation heraus.
Sloterdijk hat gesprochen
Leider konnte ich am 09.06.2011 nicht nach Köln an die Sporthochschule fahren. Der Philosoph Peter Sloterdijk hat dort einen Vortrag (Audiomitschnitt) zu seiner verkappten Sportphilosophie "Du musst dein Leben ändern" gehalten. Für mich war das schade, weil ich mich in den letzten Wochen ins genannte Buch eingelesen habe (in Verlängerung zu Svens Buch, s.u.) und den Großmeister einmal hautnah erleben wollte. Chancen kommen wieder … manchmal.
Tja,… was steht im Buch? Ich kann keine Zusammenfassung machen, too much. Die 700 Seiten strengen an, trotz schwungvoller und bildreicher Sprache. Sloterdijk deutet den Menschen als übendes Wesen, als Asketen, als Artisten (Seiltänzer), der sich unter Risiko hinaufpflanzen (vs. fortpfanzen) kann, hin zu einem kulturellen (nicht biologischen) ÜBERmenschen – Nietzsche steckt im ganzen Buch. Im Sport komme dieses selbstgewollte Höherstreben besonders gut zum Ausdruck. Das "Training" wird zur Leitmetapher für alle Formen der wiederholenden Übung, was nichts anderes zur Folge hat als: Selbst-Formung. Dies gilt für den Handwerker genauso wie für den Philosophen.
Man fragt sich immer wieder, was Rilkes Schlusssatz "Du sollst dein Leben ändern!" (Archaischer Torso Appollos) im Buch verloren hat, warum dies als Titel für das Buch gewählt wurde. Es ist offenbar ein Weckruf! In Kombination mit dem vorletzten Satz des Gedichtes wirkt dieser Imperativ fast schon suggestiv: "… denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht." Also, … auf zum Berg der Unwahrscheinlichkeit, rein in den Verein der Tollkühnen, einen Schaffenden sollst du schaffen. Aus der Möglichkeit wird eine Pflicht.
EU-Projekt beendet
Ich kann mich noch gut erinnern: Ende 2008/Anfang 2009 hatte ich noch wage Vorstellungen von einem "EU-Projekt" – zu groß, zu schwierig, zu … . Durch eine Unterhaltung mit Annie Canel (Policy Officer, Road Safty, EC, Directorate-General for Energy and Transport) auf der TTD-Conference 2009 wurde ich jedoch ermutigt, einen Antrag im Themenfeld der Fahrlehrerausbildung einzureichen. Uns blieben wenige Woche für das Einlesen in EU-Statuten, Antragschreiberei, Partnersuche etc. Irgendwie hat es mit viel Schweiß und Network geklappt, unser Antrag wurde akzeptiert, im Oktober 2009 konnten wir Ghostthinker mit drei Praxispartnern aus Deutschland, Österreich und Belgien (später Italien), dem Europäischen Berufsverband und der Uni der Bundeswehr München (damals Uni Augsburg) als wissenschaftlicher Partner starten.
Ich bin sehr froh, dass von Anfang an Tamara Ranner als Koordinatorin des Projekts mit an Bord war. Sie hat die seltene Gabe recht hartnäckig UND freundlich zu sein, was sie für das Projektmanagement auszeichnet. Wie wertvoll eine solche Kraft ist, haben wir am Ende des Projekts gesehen, wo es galt, die vielen Teile des Projekts zu einem Bericht (siehe drei Pakete mit sechs Ordnern links im Bild) zusammenzuführen. Ich will an dieser Stelle nicht meinen Dank an alle Hauptbeteiligten wiederholen (Gabi Reinmann, Silvia Sippel, Johannes Metscher, Stefan Hörterer, Gerhard v. Bressensdorf, Schorsch Meier, Torsten Uhlig, Harald Beyer und Hr. Fendt, Franz Kern, Christoph Doppler, Rolf & Anita Homburg): Fakt ist, dass sich jeder in dieses kleine EU-Projekt als voller oder stiller Partner "reingehangen" hat, was sich letztlich in einer guten Input-Output-Bilanz (Fördervolumen, 214.000 EUR, 18 Monate) zeigt.
Was lernt man? Das man so schnell nicht wieder ein EU Projekt annimmt ;-)??? Nee, in der Summe hat es ja auch viel Freude gemacht, wir haben einen interessanten Kontext kennnengelernt (Fahrausbildung), es sind gute Publikationen entstanden und wir haben am Ende ein Produkt kreirt, das man im Prinzip europaweit für viele Ausbildungskontexte mit Schwerpunkt "Handlungswissen und Kollaboration" einsetzen kann; das war Zweck der EU-Aktion! Umso erfreulicher ist es, dass wir mit dem Verkehrsinstutut München (Projektleiter Harald Bayer) durch eine BmbF-Förderung nun an der Weiterentwicklung in Richtung Berufscommunity mit Erfahrungsaustausch (didaktische Muster zur Videonutzung) arbeiten können.
Telekom School of Transformation: ein Besuch
Am Montag den 16.05.2011 war ich in Bonn bei der Dt. Telekom zu einem Workshop geladen, bei dem es um Ideen und Konzepte zum Lernen und Wissen 2.0 ging, also um neuartige Problemlöse- und Kollaborationsprozesse innerhalb eines Unternehmens, bei denen Web 2.0 Anwendungen (und entsprechende Lernhaltung/Lernkultur) zum Einsatz kommen (Enterprise 2.0). Hintergrund dieses Workshops sind die aktuellen Bestrebungen der Dt. Telekom, eine School of Transformation in Berlin aufzubauen, in der das „neue Lernen" wie unter einem Brennglas sichtbar werden soll; Ausstrahlung auf das gesamte Unternehmen ist erklärtes Ziel.
Interessant fand ich den lebendigen Workshop deshalb, weil sehr unterschiedliche Vertreter aus dem Umfeld des „neuen Lernens" geladen waren: Professoren, Studenten aus dem Umwelt des open education Bewegung, klassische Unternehmensberater, interne Experten der Dt. Telekom und eben ein Ghostthinker. Inhaltlich haben wir viele Facetten angesprochen, Hinweise und Empfehlungen zusammengetragen. Was mir persönlich bei diesen Strategieworkshops immer fehlt sind „gute Beispiele", die dicht beschrieben einen Einblick in das „deep play" einer Enterpreise 2.0 geben. Also, mehr Mut zu Beispielen oder didaktischen Mustern :-) Bin gespannt auf die weiteren Entwicklungen aus dem Umfeld der Wissensarbeit; eine Kompetenznetzwerk an der UniBwM ist ja gerade im Aufbau.
Vielleicht abschließend noch ein Hinweis auf die Tagung "Kunde 2.0" und den Vortrag vom Kollegen Johannes Metscher. Das passt zwar wie nicht direkt zur Enterprise 2.0, aber wer insbesondere den Außenkontakt zu den Kunden sucht, der wird um stream der Tagung viele Hinweise finden.
